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Teruel und sein Parador
- Kapitel 1 - Teruel: Landschaften und Bauernschaften im unerbittlichen Zusammenleben
- Kapitel 2 - Museen in geschützten Höhlen
- Kapitel 3 - Teruel, römisch, unbesiegt und doch Verlierer
- Kapitel 4 - Ertragreiche Zeiten von Mauren und Christen und Mudejar-Liebhabern
- Kapitel 5 - Inquisitoren ehrgeizige Sünder
- Kapitel 6 - Die niemals wieder Schlacht
- Kapitel 7 - Elementarweisheiten und heilige Erde
- Kapitel 8 - Kulinarische Essenzen und Weisheiten
- Kapitel 9 - Albarracin, ein angenehmer Pflichtbesuch
- Kapitel 1
- Kapitel 2
- Kapitel 3
- Kapitel 4
- Kapitel 5
- Kapitel 6
- Kapitel 7
- Kapitel 8
- Kapitel 9
- Multimedia
Teruel: Landschaften und Bauernschaften im unerbittlichen Zusammenleben
“... Und 2303 Jahre vor der
Erschaffung der Welt gründete
Herkules diese Stadt...”
“...Beim Öffnen der Fundamente
ihrer Mauern fand man die Abbildung
eines steinernen Stiers; römisch
meinten die einen, ägyptisch andere,
die den Ochsen “Apis” anbeteten,
dessen Verehrung Pflicht war...”
(Text aus uralter Vorzeit)
Der Fremde braucht sich gar nicht anzustrengen; eine bessere und genauere Schätzung als die Zeitrechnung in Jahrhunderten gibt es für diese reichen und Jahrtausende alten Gegenden mit uralten Erdformationen und Abenteuern nicht. Vielleicht sollte man daran erinnern, dass man von diesen erstaunlichen und wenig bekannten Landstrichen aus einen angenehmen Panoramablick über ein gutes Stück unserer Geschichte der Halbinsel, ganz besonders der mediterranen Geschichte, hat und genießen kann. Eine Geschichte, die in den ersten Anfängen aller Zeiten begann.
Als die ersten Primaten zum “Homo Sapiens” wurden, bildeten jene ersten “Hominiden” bereits eine ansehnliche geographische und soziologische Vielfalt in diesen Bergländern, wo die Bevölkerung, sich schon immer, auf über tausend Metern Höhe leben wollte.
In der Altsteinzeit wurden diese Stämme von beinahe nomadenhaften Bräuchen und Sitten bestimmt: Sie errichteten Wohnsitze in der Nähe der Flüsse; sie waren gleichzeitig Jäger und Sammler. Die Provinz und die Region zeigen immer noch stolz ihre Ursprünge in der gesamten Gegend, wie die Überreste jener Elefanten, die in Puebla de Valverde entdeckt wurden; wie die Steinwerkzeuge aus der Höhle von Eudoviges de Alarcón, die auch das Zusammenleben mit Nashörnern belegen. Wir betrachten die Lebens- und Überlebensweise von Menschen, die in einer Zeit zwischen einhunderttausend und vierzigtausend Jahren vor unserer Zeitrechnung hierher kamen oder hier durchreisten.
Diese Menschen wählten als Wohnungen schützende Felsen in der Nähe der Flüsse... Sie lebten von den Fischen, die sie in der Nähe des Wassers fanden; von der Jagd (Rehe, Kaninchen, Hirsche, Pferde, Wildschweine...) und von wilden Pflanzen.
Museen in geschützten Höhlen
Diese Gegenden sind im Allgemeinen ebenso schroff wie freigebig. Sie zeugen stolz von Glauben, Riten, Sitten und einzigartiger Kunst und Kunsthandwerk, in exzellenter Weise hier in der Umgebung ausgestellt. Albarracín, Alcañiz, Alarcón: einzigartige Schauplätze der frühen Sorgen des Lebens und der ersten Glaubensformen. Immer noch sind jene Ideen, Künste und Philosophien rudimentär eingegraben in zahllosen Höhlungen (Unterkünften), die um das Jahr 1903 herum entdeckt wurden.
Viel später (etwa zweitausendfünfhundert Jahre vor unserer Zeitrechnung) dämmerten Zeiten heran, die damals modern und innovativ waren. Das demographische Wachstum nahm zu; der Ackerbau wurde domestiziert. Die Keramik wurde zu halbindustrieller Kunst und Kunsthandwerk. So sehr, dass sie ein Exportprodukt wurde, oder zumindest ein Tauschobjekt. Auch änderte sich der Umgang mit Leben und Tod: Man beerdigte die Toten. Man glaubte an die Auferstehung des Lebens nach dem physischen Tod. Die metallurgischen Künste entstanden oder konsolidierten sich.
Und so begann, früh für die damalige Zeit, spät aber für unseren Kalender, hier in dieser Gegend die fruchtbare keltische Epoche in der so genannten Bronzezeit. Die Invasion der Kulturen aus dem Norden Europas war wohltuend. Und kaum war das 6. Jahrhundert v. Chr. angebrochen, war Iberien weiteren künstlerischen, religiösen und kulturellen Einflüssen ausgesetzt, als an den levantinischen Küsten Schiffe aus dem Mittelmeer mit Griechen und Phöniziern landeten: Sie waren voller Ideen und Sitten, die neu und überraschend für die Iberer waren: eine revolutionäre Religiosität; eine geregelte Sozialordnung mit Normen, Gesetzbüchern und rigoros festgelegten Strafen. Es sollte die noch unbeholfene Grundlage dessen sein, was wir heute als Römisches Recht kennen.
Sobald sie von den Reichtümern der Mittelmeeranwohner erfuhren, kamen die griechischen Seefahrer hierher. Sie brachten uns weise Kenntnisse mit: den Töpferofen zum Umformen des Tons; Gefäße, die für das tägliche Leben unentbehrlich wurden, und zahlreiche Schmuckstücke. Und noch viel mehr Dinge, die das Tun, das Denken, die persönlichen Entscheidungen veränderten.
Grundtechniken, aus denen sehr bald Textil-, Metall-, Zimmermannsindustrien usw. entstanden. Normen und Vorgehensweisen für den Handel.
Und beinahe zur selben Zeit kamen die Herrscher des römischen Imperiums.
Teruel, römisch, unbesiegt und doch Verlierer
Mit großer Sicherheit entstand das heutige Teruel durch die Hände der Römer. Es war etwa zweihundert Jahre vor Beginn unserer christlichen Ära, nach der Eroberung von Cartago Nova, dem heutigen Cartagena, und nach wilden Kriegen und Guerillakämpfen zwischen den beiden machtvollen und ehrgeizigen Heeren, die unvermeidlich auch die Gebiete Unteraragoniens einbezogen. Die Orte und Ansiedlungen hier wurden Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. zerstört und verlassen.
Schließlich, nun bereits im 1. Jahrhundert v. Chr., lernte ein großer Teil dieser Region neue politische Systeme und Vorgehensweisen sowie Wirtschaftsprinzipien kennen und akzeptierte sie: Es wurden eigene Münzen, exklusiv für die iberische Halbinsel, geprägt. Rom gestattet, oder besser befiehlt, den Gebrauch des Lateinischen als Sprache der Bildung und der Eingeborenen. Stabile und permanente Handelsbeziehungen wurden eingerichtet. ...Jene turolensischen Orte wurden ein sehr aktiver Teil des Rechtsbereichs des Cäsar Augustus...
Von dem Punkt aus, wo heute dieser Parador steht, erlebte und erlitt man die langen und blutigen Kriege zwischen Puniern und Römern.
Zum Schluss konsolidierte sich der Romanisierungsprozess mit der Einrichtung neuer Kolonien: Celsa, in Velilla de Ebro, und bald auch Cesaraugusta. Es war genau hier, wo die Normen des Codex Romanus in aller Hinsicht und in all ihrer Bedeutung eingeführt wurden.
In einem großen Teil dieser Gegend leben die Turolenser weiterhin auf dem flachen Land: Sie konnten und wollten in ländlichen Orten und Höfen, die von ihnen selbst kultiviert und wirtschaftlich betrieben wurden, Zuflucht finden.
Schon damals bestand ein bemerkenswertes Straßennetz: Es gab eine Römerstraße, die in der Lage war, Cesaraugusta mit Calamocha zu verbinden, und von der es zwei Abzweigungen gab: die westliche, die zum Fluss Tajo und zur unteren Meseta führte, und eine weitere in Richtung Süden und zur Küste hin, über die Wasser des Jiloca bis zum Fluss Turia.
Ertragreiche Zeiten von Mauren und Christen und Mudejar-Liebhabern
König Alfons II. von Aragonien sollte dieses machtvolle Teruel entwerfen, damals zu Beginn des 7. Jahrhunderts. Der Zeitgeist war freizügig; die Grenzländer wurden geteilt von Mauren und Christen, von denen die einen nach Eroberungen, die anderen nach Wiederbevölkerung strebten. Mit der Kunst und den Kniffen der mittelalterlichen Jahrhunderte gelang es König Alfons II., sich aus dem Vasallenverhältnis zu Kastilien zu lösen. Während einer schier endlos langen Zeit erfuhren die Stadt und die gesamte Umgebung täglich Verschwörungen, Rache und Verrat, jeder gegen jeden... Offenbar scheinheilige Menschen: “die Abgefeimten...” Schließlich sollte König Jaime I. von Aragonien zum Strategen und Urheber der definitiven Konsolidierung der turolensischen Landstriche und Gemeinden werden, was glücklich zusammenfiel mit der Eroberung und Unterwerfung des maurischen und mächtigen Valencia unter das Christentum.
Damals entstand die anregende Legende der “Liebenden von Teruel”, das schöne, wenn auch turbulente Melodrama, von Schriftstellern und Schreiberlingen von kleinem bis zu ganz großem Format immer wieder ausgewalzt. Inzwischen, und mit allen Schattierungen, die der Besucher vermuten oder sich vorstellen kann, traten bemerkenswerte Zwischenzeiten ein. Die Grenzgebiete verlangten nach unumgänglichen Abtretungen und Vereinbarungen zwischen beiden Seiten. So wurden, mehr oder weniger, Verträge geschlossen, um gemeinsame Normen des Zusammenlebens zu definieren, die sowohl von den arabischen Invasoren als auch von den hochheiligen christlichen Eroberern toleriert werden konnten.
Damals wurden eklektische Formeln eingeführt: Man schlichtete nicht wenige Übergriffe mit Sonderrechten, zahlreichen Freiheiten und sogar Zügellosigkeiten, eine wirksame Formel, angemessen für beide Gruppen und andere Religionen. Daraus sollte dann die Notwendigkeit des ”Partikularrechts” entstehen... Inmitten von all dem entwarf König Jaime I. dieses und weitere Territorien auf der Grundlage großzügiger Räte, die über weitreichende Autonomien verfügten.
Die beispielhaften Sonderrechte von Teruel erteilten und verteilten Privilegien, Normen und Verpflichtungen, die für sämtliche Bürger verbindlich waren, unter der Bedingung der evidenten Risiken - der Grenzlage und der häufigen maurischen Invasionen. Damit noch nicht genug: Es war unvermeidbar geworden, diese Landstriche mit den Bauern aus dem Umland und gleichzeitig mit kriegsgewöhnten Landesverteidigern wieder zu bevölkern. Die Gegend füllte sich mit Menschen von zweifelhafter Vergangenheit, die in der Lage waren, "breite und ausgedehnte Ländereien" zu regieren, die gut bebaut und noch besser verteidigt waren. Und auf der anderen Seite: unabhängig. Mehr noch: Die Vergangenheit der neuen Kolonialisten war egal: Was einzig zählte, war ihr Beitrag zum Fortschritt der lokalen oder regionalen Gemeinschaft.
Der Leser kann sich leicht vorstellen, dass diese Flut eine Mischung von Abenteurern, Geächteten und vielen anderen Personen von zweifelhafter Vergangenheit und reuiger Gegenwart darstellte...
Das Sonderrecht von Alfons besagt “...mit freiem Herzen und dem guten Willen zur Verherrlichung der heiligen Christenheit und zur Verwirrung der Feinde des Kreuzes ... verleihe ich der Bevölkerung das Stadtrecht, wo sie es wünscht. Und ich verleihe den Bewohnern alle Sonderrechte und alle guten Sitten, die sie von mir erbeten und zu Gunsten aller, die sie in Zukunft von mir anfordern könnten...”, sodass “...der niedrige Adel und das Volk von Teruel alle ein Sonderrecht haben”...
Die Realität aber war sehr viel weniger demokratisch und sehr viel strenger und grausamer, als man sich heute vorstellen kann. Die Strafrechtsordnung sah schwere Strafen vor: Verbrannt wurden die Ehebrecher, die Homosexuellen, die Bigamisten, die Kuppler und diejenigen, die eine verheiratete Frau vergewaltigten. Mörder und Verräter wurden lebend unter den Toten begraben; Feinde, die ihre Strafe nicht bezahlen konnten, starben den Hungertod; wer den Stadtherrn tötete, wurde gevierteilt...Brüste wurden verstümmelt...: man kastrierte, man erhängte denjenigen, der eine Nonne vergewaltigte. ...Man praktizierte die mythischen Rituale des weißglühenden Eisens: Die Probe auf Schuld oder Unschuld des Verdächtigen beinhaltete, dass dieser mit der geöffneten Hand glühendes Eisen ergriff: Nachdem die Hand geschlossen wurde, wurde sie mit Wachs und dann mit einem Leinentuch bedeckt. Nach drei Tagen wurde diese Hand wieder ausgewickelt: War sie verbrannt, so war das ein unwiderlegbarer Beweis für die Schuld des Angeklagten. Wenn die Hand gesund und heil schien, war das ein Wunder: Das war das so genannte “Gottesurteil”.
Im Verlauf der Zeit, in diesem Fall waren es Jahrhunderte, wollten die Geschichte und die Menschen – gebildet, kultiviert, selbstbewusst, verantwortungsvoll und kriegerisch - ihre Gebiete auf der anderen Seite der Grenzen der franquistischen Invasion abstecken: Sie widerstanden und verschanzten sich, mit bemerkenswerten Gesten und Taten, die am Schluss versagten.
Inquisitoren ehrgeizige Sünder
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts rief König Ferdinand den Hof zusammen, um die zweckmäßigsten Orte für die Aktionen des Santo Oficio, der Inquisition, nach Absprache mit Papst Sixtus IV. und Unterstützung durch dessen Bulle festzulegen. Dieser Stadt wurde der Inquisitor Bruder Juan Colivera zugeteilt, in Gesellschaft seiner Minister Juan Ruiz de Calcenar als Notar und Miguel Chanz als Amtsdiener. Sie ließen sich in der Umgebung der Stadt im Kloster Monasterio de Jesucristo nieder, bekannt auch unter dem Namen Cenobio de la Merced.
Vor solch unheilvollen Vorzeichen beschloss der Rat, unterstützt von der öffentlichen Meinung, den gefürchteten Inquisitoren den Eintritt zu verwehren, weil sie eine Rechtsverletzung befürchteten: sie fanden freilich freundliche Unterkunft im Nachbarort Cella, wo sie das Operationszentrum des heiligen Inquisitionstribunals einrichteten. Angesichts der nicht zu tolerierenden Haltung jener Nachbarn setzte der unnachgiebige und unbeugsame Inquisitor eine Urkunde in der Kirche von Villarquemado auf: Teruel ist seither exkommuniziert.
Sämtliche Mitglieder des Rates wurden der "Unterstützung der Ketzerei” angeklagt, weil sie sich dem Santo Oficio widersetzt hatten.
Währenddessen befahlen die Gemeindebehörden, “ein tiefes Loch zu graben, mit einem Pfahl in der Mitte eingerammt und einem Haufen Steine darum herum, um die Inquisitoren zu steinigen, falls sie es wagen sollten, die Stadt zu betreten, oder jede andere Person, die königliche Schreiben bei sich trug”. Selbst der Nuntius Martin von Burgos beklagte sich, man habe ihn “mehr als acht Tage lang mit Ketten um den Hals gefangen gehalten, weil er einen Brief des Herrn Erzbischofs für den Prior der Kirche in die Stadt gebracht hatte...”.
Es fanden dann so willkürliche Prozesse wie der gegen den Kanoniker Juan Ram statt, der bereits verstorben war. Auch so ordnete das Tribunal an, dass “Körper und Knochen aus seinem Grab geholt werden sollten”. Als Gegenleistung wurden denjenigen Personen drei Jahre Ablass versprochen, welche “die Grabstätten aufzeigten, wo die genannten Ketzer begraben lagen; und weitere drei Jahre denjenigen, die beim Ausgraben hülfen. Und nochmals drei Jahre für diejenigen, die Holzscheite herbeikarrten, um ihre Knochen zu verbrennen...”
Vielleicht gibt es aber auch plausiblere Erklärungen: Der Monarch unterstützte die Inquisition, weil die zahlreichen Prozesse ihm saftige Geldsummen einbrachten. Und gleichzeitig wurde den Turolensern klar, dass die starke Repression gegen Juden und Judaisierte einen unumkehrbaren wirtschaftlichen Zusammenbruch für ihren Landstrich nach sich ziehen musste. Die These scheint nicht so unsinnig zu sein, angesichts der Nettoeinkünfte der Krone, die bei 230.000 Löhne lagen, während die Gewinne des Tribunals immer noch jährlich 23.000 Löhne ausmachten sollte.
Sehr viel später, bis gut zur Mitte des 19. Jahrhunderts, zeigten sich in diesen und anderen nahen und fernen Gegenden spontane und flüchtige Guerilleros, bekannt als “Los Maquis”, die sich in edle Ideen und schlechte Lebensarten geflüchtet hatten, wenn auch, soweit möglich, von großzügigen, aber zaghaften und ängstlichen Bürgern unterstützt. Die “Maquis” waren junge Menschen, mutig und freiwillig einer gemeinsamen Sache verschrieben, die man heute freies und demokratisches Europa nennt.
Nach diesen und unzähligen weiteren Wechselfällen dämmerte schließlich das bereits vergangene 20. Jahrhundert heran: Es ist wichtig zu sagen, dass in diesem Jahrhundert zum ersten Mal solch schwerwiegende Probleme wie das der gescheiterten Regierungen und Verfassungen auftreten sollten. Die so genannte “La Pepa, in Cádiz... Mutter aller folgenden und vorangegangenen Konstitutionen”.
Und die beiden Republiken, mit viel mehr Intentionen als Resultaten. Später natürlich mehr, aber eher durch Verschwörungen und Entscheidungen von Dorftyrannen und Großgrundbesitzern, denn auf Wunsch der großen Mehrheit der Bevölkerung. Ein großer Teil der Kulturträger musste auswandern. Sie wurden von Ländern mit ähnlichen Kulturen wie Mexiko oder Argentinien aufgenommen. Andere entschieden sich für das Abenteuer eher ökonomischer Art in den so genannten Ländern der Zukunft wie Kanada oder Neuseeland. “Viele von uns gingen nach Belgien, London, Schweden... Alle, alle suchten wir neue Horizonte. Und so fanden die einen gemeinsam mit den anderen die Demokratie...”
Der Besucher, der sich heute in einem Parador und einem Landstrich, die ebenso privilegiert wie ungewöhnlich sind, aufhält, mag darüber nachdenken, es genießen und sich daran erfreuen: Er lebt mit der entferntesten Frühgeschichte zusammen. Er partizipiert an Kunst, Handwerk, Techniken und Technologie der Perser, Araber, Römer, Goten, bis hin zu den Modernisten...
Er erlebt und teilt mittelalterliche Ideen und Überzeugungen. Und Revolten und feindliche und widersprüchliche Revolutionen... Aber diese Regionen sind fruchtbar und ertragreich; lieblich und angenehm: darüber hinaus erfreulich.
Es ist für den Besucher unvermeidlich: Diese Breiten können weder, noch wollen sie, die tragische Schlacht von Teruel vergessen, die sich leider weltweit einen traurigen Ruf erworben hat: nach beinahe unendlichen Zeiten der Irrungen und Wirrungen erlebten und erlitten diese Turolenser, unterjocht von ihrer Geschichte, unzählige Schicksalsschläge, einen häufigen Wechsel ihrer Regierenden und beinahe ihrer eigenen Identität.
Aus unserer jüngeren Geschichte verbleiben uns immer noch einige der tragischen Bilder aus jenem Krieg, der ungerechterweise “Bürgerkrieg” genannt wurde. In Wahrheit war es für die Bevölkerung eine Art von Kreuzzug. Es war ein kriegerischer Akt, welcher mit unauslöschlichen Lettern geschrieben den Namen: “Die Schlacht von Teruel” trug.
Die niemals wieder Schlacht
“...Von Dezember 1937 bis Februar 1939 stand in Teruel das
Schicksal Spaniens auf dem Spiel, und in gewisser Weise auch
ein Teil des europäischen...: Das ist Geschichte, wie sie sich nie
wieder wiederholen kann und darf...
(Manuel Tuñón de Lara, Historiker für Zeitgeschichte)
Es ist nichts Neues: Die ganze Welt weiß es; ganz Europa sollte es zu spüren bekommen: Der spanische Krieg, Bürgerkrieg genannt, war im Wesentlichen ein bewaffneter Probelauf, um Taktiken, Strategien und Waffen angesichts des 2. Weltkriegs zu testen. Auf dem Spiel stand die Herrschaft der damaligen europäischen Großmächte. Die iberische Halbinsel war nur ein Versuchsfeld für einen Feldversuch. Mit konfliktträchtigen Regierungen im Konflikt und sich permanent widersprechenden Ideologien waren die Voraussetzungen für eine Konfrontation günstig: Auf der einen Seite die an den Urnen bestätigte Republik; auf der anderen Seite, das aufständische und rebellische Heer -Vorkämpfer der Erlösung -, verwandelt in das Kreuzzugsheer der militärischen Klassen, angeführt von General Franco, sehr bald als Generalísimo eingeführt, einem verdienstvollen spanischen General, der seine Ehrenmedaillen auf Kriegszügen in Afrika erworben hatte.
Es waren ungleiche Kräfte: Die so genannten “Nationalen” verfügten über ein Berufsheer, diszipliniert aus Pflicht und Professionalität, mit einer klar festgelegten Hierarchie. Auf der republikanischen Seite standen die demokratischen Verteidiger, aufgesplittert in Fraktionen und widersprüchliche, manchmal sogar entgegengesetzte Ideologien. Es war eher ein bewaffneter Volkshaufen denn ein Heer: ohne Ausbildung, ohne Erfahrung und beinahe ohne Waffen, abgesehen von der republikanischen Überzeugung. Es war also ein unausgewogener Krieg, der mehr dazu geeignet war, fremde Interessen zu wahren, als die eigenen der Halbinsel.
So sollte es aber die Geschichte jenes Europas wollen, das sich für die kommunistischen Revolutionen begeisterte oder diese nicht weniger flammend verabscheute:
Es sollte ein neuer Erlösungskreuzzug werden: Tapfere junge Menschen wurden für die eine oder die andere Seite einberufen, und konsequenterweise für die eine oder die andere Ideologie...Und sie wurden für mächtige politische und wirtschaftliche Ambitionen und zahlreiche, sich lohnende Plünderungen eingesetzt. Von der gewalttätigen Diktatur der Macht wurde die Zügellosigkeit des Schwarzhandels bestimmt, eine weit verzweigte spekulative Praxis, welche die Ausbeutung des Elends und der Armut der Bürger bis zu einem nie geahnten Ausmaß vorantrieb.
Wir geben im Folgenden einige Zitate wieder, die der Historiker Tuñón de Lara gesammelt hat und die dem Leser vielleicht ein wenig Aufschluss über die Haltungen und das chaotische und widersprüchliche Heldentum bei dieser sinnlosen Nie-Wieder-Schlacht geben. Der Reisende sollte bedenken, dass diese Ländereien viel mehr waren als nur eine militärische Beute, sogar mehr als eine ökonomische. Sie waren geostrategische Ziele, um das militärische Vorrücken zu zersprengen oder abzuschneiden:
“General Franco, der sich in seinem Hauptquartier in einem speziell dazu hergerichteten Zug befand, erinnert daran, dass die Plaza von Teruel über Reste von Kanalisationen verfügt, über alte Brunnen, Wein und andere Artikel, die sorgfältig rationiert werden müssten. Der Fall des Widerstandszentrums dürfte nicht entmutigen oder den Zusammenbruch rechtfertigen: Wenn ein Befehlshaber Schwäche zeigt, sollte er sofort durch den fähigsten seiner direkten Untergebenen ersetzt werden...” In jenem Winter kämpften beide Armeen gegen zwei gemeinsame Feinde: die ungleichmäßige Bewaffnung zugunsten der Franco-Rebellen, und die meteorologischen Unbarmherzigkeiten:
“... einige feuerten Maschinengewehrsalven ab, um sich anschließend am heißen Lauf der Waffe die Hände zu wärmen... Einige hatten die Hände so steif gefroren, dass sie das Gewehr nicht mehr bedienen und nur noch die Granaten benutzen konnten, deren Sicherungsstift sie mit den Zähnen herauszogen..
Ein ganz entscheidender Faktor sollte das Klima sein in jenem Winter, der für die Kämpfer besonders hart war: Keines der beiden Heere hatte auch nur die geringste Ausrüstung, um sich vor den Temperaturen, die häufig bei achtzehn Grad unter Null lagen, schützen zu können.
“...ein riesiges weißes Betttuch aus Schnee, das sofort Schichten und noch mehr Schichten aus Eis bildete, bedeckte die Horizonte. Die Motoren und die Wassertanks platzten. Es gab Fälle von Soldaten, die am Lenkrad festgefroren starben...” (Manuel Aznar) Es kommt nicht oft vor, dass ein Poet gleichzeitig eifriger Kämpfer zu Gunsten einer kriegerischen Sache wird. So aber war es der Fall bei Miguel Hernández, einem republikanischen Soldaten, der die Sache der Konstitutionellen Republik unterstützen wollte und konnte. Dies war seine heikle Ansprache:
“...In den Bergen von Teruel werden in den Höhen die tiefsten Temperaturen Spaniens gemessen; die Soldaten der 11. Division dort hielten und halten eine unbeugbare eiserne Disziplin ein... Schnee, Wind, Kälte und der Feind haben sich in diesem Winter kraftvoll festgesetzt, bereit, einem die Ohren abzureißen, den Atem gefrieren zu lassen... Schnee, Kälte, Wind und der Feind haben den steinernen Geist, der die Soldaten beseelt, bekämpft; aber es ist ihnen nicht gelungen, diesen roten, zornigen und warmen Stein zu erweichen...”
Dies sind nur einige der zahlreichen großzügigen Anstrengungen, die beinahe immer unternommen wurden, um die eigenen moralischen und militärischen Pflichten zu erfüllen, die häufig mit dem Verlust von Freunden, der Familie und dem eigenen Leben bezahlt wurden... Über das Ergebnis aber sollte die Geschichte entscheiden, die untreue Geliebte, die meist zu den Stärkeren hält...
Elementarweisheiten und heilige Erde
“...ohne Küche gibt es keine Rettung,
weder in dieser noch in einer anderen Welt...:
Und ohne Wein gibt es keine Küche...”
(Pedro Mourlane Michelena)
Es ist ganz klar: Viele dieser Weisheiten, geradezu gastronomische Präambeln, stammen aus der Feder und den bemerkenswerten Reflexionen des Darío Vidal Llisterri, Student und Fachmann für diese und andere kulinarische Künste.
“...Obst begünstigt die Milde;
Fleisch und Wild die Gewalttätigkeit;
Fisch die Gedankenschärfe,
und die Meeresfrüchte führen zu den angenehmsten
und spielerischen Aktivitäten, wie zum Beispiel der Liebe...”
Und dann, zu allem anderen, der Lebenshauch der Getränke: “...Wein ist geistreich, großzügig und gesellig. Aber der blonde Gerstensaft ist ein stiller und ruhiger Likör, hergestellt aus eher einsamen Nebeln und Sitten”:
“...mich schockiert es nicht,
dass du gerne Bier trinkst;
es ist typisch, dass du es magst,
denn man macht es aus Gerste...”
(Strophengedicht aus einem Volkstanz von Teruel)
Aber wir wollen den Fremden nicht verwirren: Die meisten Köche bekennen sich hier zur Tugend des Glaubens, das heißt, zum Schwein; Auch das Wild ist in diesen Breiten reichlich vorhanden oder zumindest nicht selten. Dazu gibt es stets ungewöhnliches Gemüse und Obst, wie zum Beispiel die Melonen aus Calanda oder aus irgendeinem dieser Täler und Hänge.
Gepriesen von niemandem geringeren als Cervantes: Als in jener Zeit der weise Schriftsteller von Glück und Unglück sprach, widmete er einige Zeilen “...einem der besten Käse Spaniens, das ist der so genannte Käse aus “Tronchón” (“...uno de los mejores quesos de aquestas Españas: es el llamado queso de “Tronchón”.) „Er ist ein übernatürliches Wunder, gemacht aus der Milch der Schafe, die an den östlichen Rändern der Maestrazgos knabbern und schnurren...” (“ Es milagroso prodigio elaborado con las leches de las ovejas que mordisquean y ronronean por los bordes orientales de los Maestrazgos...”).
Und so sollte es Miguel de Cervantes in seinem Don Quijote festhalten, bei dessen Abenteuer mit der Dueña Dolorida; Anlass war das Stück, das Teresa dem Sancho gab: “Und nach der ungerechten Niederlage [Don Quijotes] gegen den Ritter vom Weißen Mond wollte ein großzügiger und barmherziger Katalane diesen Käse den zweifelhaft Glücklichen anbieten, die er für waghalsige Abenteurer hielt...” (“Y tras la injusta derrota frente al caballero de la Blanca Luna algún generoso o misericordioso catalán; quiso ofrecerlo a éstos dudosamente venturosos, por arriesgados, por aventureros...”).
Und so wollte er es bezeugen: Nach ihrem Aufbruch in Barcelona stießen Ritter und Schildknappe auf einen alten Ritter, der ihnen “einen Kürbis voll des teuren und in viele Scheiben geschnittenen Käses von Tronchón” anbot. (“ una calabaza llena de lo caro, con no se sabe cuantas rajitas de queso de tronchón...”.)
Einige Jahre später, als der Graf von Arana sich zum Diplomaten aufgeschwungen hatte, wollte er etwas von diesem Käse aus “Tronchón” sogar bis in die Tuilerien bringen: Die Gaumen der höfischen Tischgenossen waren hocherfreut. Das Lob war so groß, dass sogar die Krone – Ludwig XVI. und Marie-Antoinette - überrascht war “von dieser merkwürdigen und außergewöhnlichen Delikatesse aus unserem iberischen Süden aus der Gegend, die man “La Sierra Palomita” nennt...( “por este extraño y extraordinario manjar procedente de nuestros sures ibéricos allá por lo que llaman “La Sierra Palomita...”..)
Zu all dem fehlt aber noch sehr viel mehr, wie die Transformation des Getreides; wie das beinahe chemische Wunder, eine Frucht, geeignet und begünstigt für eine Nachspeise, in geschmackreiche Weine und Liköre umzustrukturieren.
Kulinarische Essenzen und Weisheiten
Wenn er bis zu diesem Punkt gekommen ist, hat der Leser das Recht und vielleicht auch den Wunsch, als Reisender durch diese kleine, aber kokette Stadt zu schlendern, ein Beispiel an Kunst und Kunsthandwerk im Mudejarstil. Vielleicht mag er mit den Menschen reden, um so zu erfahren, wo und mit wem er lebt und zusammen lebt (vielleicht bei einem Kaffee oder einem Gläschen)... Vielleicht noch besser: sich mit ihnen in den gemütlichen Zimmern dieses Paradors zu verschanzen.
Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir ihm weiterhin die eine oder andere Information anbieten, in diesem Falle gastronomischer Art. Er befindet sich nun in der kulinarischen Umgebung von Brot und Wein, oder, was dasselbe ist, bei den Grundessenzen der Ernährung der menschlichen Art.
Und man muss, ohne sinnlose Präambeln, über die kulinarischen Künste und Handwerke reden:
In all diesen und vielen weiteren Breiten, die sehr viel mehr umfassen als die beiden Hochebenen, ist der Getreideanbau uralt und auch heute noch eine wesentliche Grundlage des strikten und essentiellen Überlebens für breite Bevölkerungsschichten, die übrigens auch einen großen Teil der Gesamtbevölkerung unserer Halbinsel ausmachen.
Nun hat sich der Reisende eingerichtet in dieser schönen und erstaunlichen Gegend; aber ob er will oder nicht, er ist auch von einer überraschenden Gastronomie umgeben.
Fast überall hier trifft der Reisende, ob als Gelegenheitsbesucher oder als treuer und immer wiederkehrender Gast, auf äußerst angenehme Überraschungen: ein ungewöhnliches Gericht, vielleicht ein Fisch, vielleicht ein bisher unbekannter Käse...
Oder Tavernen, Cafeterias und Bars, in denen man mehr den Happen oder die "Tapa" schätzt als Wein oder Bier. Aber drücken wir es klar und einfach aus: Überall in diesen Landen schläft und isst man besser als gut. Aber der Reisende sollte auch darauf hingewiesen werden, dass es am besten ist, sich bei den Einwohnern von Teruel zu informieren, oder noch besser, an der Rezeption dieses Paradors.
Überall schuf und pflegte man Sitten, die in kulinarische Kulturen, klassisch bis uralt, umgewandelt wurden, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem wahrscheinlich spontanen Anbau von Weizen sowie anderer Getreidearten mit geringerem Ertrag wie Gerste, Hafer und Roggen, begannen.
So war es der Fall damals in diesen Landstrichen: Als vor nicht allzu vielen Jahrhunderten der Weizen, bereits abgewogen und zu Brot verbacken, aushärtete, wurde er in “gachas” oder “farinetes” umgewandelt, diese geistreiche Mischung, welche die Römer “Palte” zu nennen beliebten. Damit wir uns verstehen, hieße das Pizza. Dieses und andere Gerichte sind übrigens Vettern oder Neffen des kanarischen ”gofio”.
DAS GEHEIMREZEPT
Die Leute hier brüsten sich der Einfachheit; aber nein: Sie beherrschen so kunstvolle Rezepte - ebenso kunstvoll wie magisch - dass sie diese nicht enthüllen können oder wollen. Nicht weil es sich dabei um Geheimnisse handele, sondern eher, weil sie nicht Riten und Rezepte durcheinander bringen wollen, die in ebenso meisterhaften wie simplen Formeln in Erscheinung treten.
In diesem Parador, aber auch in einigen weiteren der Umgebung, kann der Reisende zahlreiche kulinarische Sinfonien probieren und prüfen: Hier einige, die von der Küche dieses Hauses kreiert und festgelegt wurden:
Die Suppe Sopa de Teruel al Perolico, beinahe allein auf der Grundlage von Brot, Knoblauch, Paprika, etwas Ei und ausreichend Schinkenwürfelchen.
Oder Eier "al salmorejo", eine gekonnte Mischung aus Spargel, Lendenstück und Bratwurst.
Und "Migas" (frittierte Brotkrümel), nur die echten aus diesen Breiten. Nicht zu vergessen der Kalbsbraten. Und Lamm nach Hirtenart, oder Seehechtrücken mit Kartoffeln und Ei... Kein Rezept und keine Zutat kann mit irgendetwas Ähnlichem verglichen werden.
Um nicht vom Gemüse zu reden, über dessen Komponenten man in diesen Landen zwar Bescheid weiß, aber argwöhnisch schweigt.
Albarracin, ein angenehmer Pflichtbesuch
Wo alles in Superlativen oder Extremen endet. Von senkrechten Sonnen und Eis, von den Felsen gebrochen. Durstige Böden und hastig in Grün getauchte Täler in diesem Bergland, wo der Guadalaviar beinahe zum Meer wird.
Waldige Armeen von Kiefern, die eindringen in Eichenwälder, Steineichenhaine und Wacholderbüsche von verschlängelter Schönheit; Buchsbaum, Stechginster; geheimnisvolle Sadebaumwälder, die unerschrocken in einer gottlosen Öde stehen. Stolz aufgerichtete albarraciner Felswände, die in der Lage sind, die schwindelerregenden Berge von New York zu zerknittern, wie es der Avantgardist Antonio Cano aus Teruel ausdrückte. Wildschweine, stolze Hirsche, ängstliche Otter; Falken, Adler, Geier und Sperber, die den Reisenden beäugen und erwartungsvoll begleiten...
Länder und Berge und Menschen, die ihre Liebschaften und Eifersüchteleien dem eingefleischten Chronisten und Wanderer Richard Ford darbrachten, als er hierher kam, um zu schreiben und zu leben: “...das Pferd bringt den Reisenden in die knotige Sierra von Albarracín... Von Checa aus gelangt man nach Tremedal, das rechts liegt, in der Nähe von Orihuela. Lange Zeit war es berühmt wegen seiner hochgelegenen Lage und seines Heiligenbildes, das vom Himmel herabschwebte und Ziel von Pilgerfahrten wurde...”
Der Leser, der sich diesem Bergland nähert, vielleicht zu Fuß von der bescheidenen Hauptstadt aus, die sich eines ungewöhnlichen Mudejarstils rühmt, durchquert einen kurzen, gedrängten und würzigen Beginn der entfernten Geschichte dieser Dörfer, deren Ursprung so weit zurück liegt, wie der Wanderer es für notwendig hält.
An jedem beliebigen dieser Orte finden sich Erinnerungen und sogar Spuren ihrer ältesten Einwohner, der Höhlenmaler, die hier ein schroffes Obdach fanden. Steinmühlen, Keramik, Gebäudereste aus der Bronzezeit und Belege für Leben und Sterben in dieser Umgebung. Vor sechsundzwanzig Jahrhunderten schritten die Griechen auf eben diesen Pfaden. Sie waren die ersten Töpfer-, Zimmerer- und Schmiedemeister “...und beherrschten die Kriegskunst mit solcher Meisterschaft, dass viele Reiter aus dieser Gegend nach Italien gebracht wurden, um dort mit den Römern zu kämpfen...”
Der Reisende wird auf ein überraschendes Beispiel der römischen Ingenieurskunst stoßen, dank derer ein unwahrscheinliches Aquädukt aus dem Felsen gehauen wurde, um Wasser vom Fluss Guadalaviar, zwischen Albarracín und Gea, bis zum Ort Cella zu führen. Wie die Menschen hier sehr gut wissen und erzählen, ist eine solch einzigartige und verdienstreiche Erfindung nicht der schwachen Hand eines Menschen geschuldet, sondern der gereinigten Fleischeslust. Ein verliebter Maure war der große Schöpfer: Der Jüngling, Aben Meruán aus Albarracín, verfiel dem süßen Zauber der überaus schönen Zaida, der Tochter des mächtigen Herrn von Cella. Der Vater der Maurin, ein eifersüchtiger Wächter über die Tugenden des Mädchens, legte dem Liebenden eine unmögliche Bedingung auf, um diese Verbindung zwischen zwei Kindern Allahs zu verhindern, ohne sie zu verbieten: Aben sollte das Wasser von Albarracín zu den Zisternen seiner Burg in Cella hinauf führen, das jedoch stets von oben nach unten floss: “...der junge Maure bat seinen Gott um Hilfe, aber da dieser die Naturgesetze nicht umändern konnte, betete er zu Gott unserem wahren Herrn, nachdem er zum christlichen Glauben konvertiert war... Das Wunder geschah und führte viele dieser Ungläubigen zum Glauben...”
Vorher gab es hier andere Mauren, Araber und Berber vor allem, an diesen faszinierenden Schauplätzen. Die Mehrheit der westgotischen Bevölkerung wurde schnell und opportunistisch zu Muladí (Christen, die den mohammedanischen Glauben annahmen), vor allem, um diese herrliche Berglandschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Aber sie konnte und wollte mit anderen angrenzenden Gruppen christlicher und jüdischer Mozaraber zusammenleben. Zwischen Streitereien und stürmischen Verbrüderungen teilten sie Ländereien, Berufe, Götter und Liebschaften und gelangten gemeinsam zu einer rebellischen und stolzen Unabhängigkeit: Regiert von der Berberdynastie der Banu Razin, wurde aus Albarracín die eitle und herausgeputzte Hauptstadt eines mächtigen und gefürchteten Taifats (maurisches Kleinkönigreich), das dem hartnäckigen christlichen Eroberer mehr als nur einmal Scherereien machte. Und so hat sie der Besucher auch heute noch in Erinnerung.
In diesen Territorien herrschte der legendäre König “Wolf”, “der Freude daran hatte, wie die Christen zu reden und sich wie sie zu kleiden”; und er war ein solch tapferer Krieger, dass er so erlauchte Kreuzfahrer wie den Cid Campeador oder selbst den Krieger mit der Maske in Bedrängnis bringen konnte. Manch einer dieser Ritter, von denen man nicht so viel weiß, wurde irgendwann einmal von der Armee des "Wolfs" gegen einen tiefen Abgrund gedrängt: Ross und Reiter überwanden den Abgrund mit einem beflügelten, mächtigen und so gewaltigen Sprung, dass der Esel seinen Hufabdruck für immer im Felsen hinterließ. Noch heute kann selbst der ungläubigste Reisende die Spur des Tieres am Barrancohondo des immer noch kristallklaren Guadalaviar erblicken.
König Wolf, satt von so viel und so sprödem Ruhm, übergab anmutig sein Taifat von Albarracín an den Herrn Ruiz de Azagra, überzeugt, auf diese Weise eine sichere, wenn auch tributpflichtige Unabhängigkeit behalten zu können.
Schließlich setzte sich der wahre Glauben durch. Dieses und weitere Territorien der Estremadura Aragoniens wurden für die neuen Zeiten so entworfen, dass die neuen Siedler gleichzeitig aus friedlichen Bauern und kriegsbereiten Soldaten bestanden. Sitten und Bräuche wurden festgelegt. Das Zusammenleben zwischen Mauren, Juden und Christen wurde geregelt: Man etablierte Sonderrechte: ”Christ, Maure und Jude sollen jeweils ein Partikularrecht und eine Sitte haben...”, befahl Alfons II.
Inmitten dieses erlösenden Fegefeuers gelangte der Landstrich auch zu Wohlstand: Albarracín und seine umliegenden Orte waren mit nicht wenigen Mitteln ausgestattet: Kirchen, Märkte, Mühlen, Backstuben und Krankendienste für eine Industrie und Handwerk betreibende Einwohnerschaft von Webern, Schuhmachern, Schmieden, Fuhrmänner, Barbieren, Chirurgen, Händlern und Hirten von Ziegen, Schafen und Seelen.
Die Viehzucht führte zu einem deutlichen Aufschwung der Textilindustrie “dank der Sorgfalt, mit welcher die Einheimischen die Schafsrasse verbessert haben”. Das Eisenbergwerk warf wenig Geld, dafür aber reichlich gute Schmiede ab, wie der Reisende leicht feststellen kann. In diesen Landstrichen blühte ein besonderer Humanismus auf mit Werken von solch universeller Bedeutung wie die “Epopeya trágica de los Amantes de Teruel” (das tragische Epos der Liebenden von Teruel) oder der “Catecismo de la Doctrina Cristiana” (Katechismus der christlichen Lehren) von Jerónimo Ripalda. Das war vor vierhundert Jahren, um einigen von uns Gelegenheit zum Zitieren zu geben. Und sogar ein Bischof, Bernardino Gómez, als solcher tätig in Albarracín, schrieb ein “Handbuch gegen die Gicht genannte Krankheit”, das so erfolgreich heilte, dass es mehr als einmal in ganz Spanien kursierte.
Dies alles war das ruhmreiche und glühende Albarracín. Als hochmütiges Taifat im 11. Jahrhundert konnte der Ort seine Unabhängigkeit über ein weiteres Jahrhundert hinaus wahren. Und erst als bereits das 18. Jahrhundert angebrochen war, gelang es Philipp V. mit seinen Decretos de Nueva Planta (einer Art Grundgesetz) nur mit Mühe, und auch niemals vollständig, wie der Reisende bei der kleinsten Unachtsamkeit feststellen wird, die autonomistische Berufung dieses faszinierenden Landstrichs um Teruel zu beseitigen, Durch diese aufgeriebene und verletzte Gegend zogen rot und blau bemalte Männer sowie so große Namen wie Líster oder Miguel Hernández mit ihren unfehlbaren erlösenden Worten.
Aber hier gibt es noch viel mehr zu sehen. Unverzichtbar wäre es, falls der Pilger über genügend Lust und Zeit verfügt, nach eigener Lust und Laune diese beinahe unbekannten Landschaften zu durchstreifen. Wohin Sie auch gehen: Ein guter Rat wäre, an der Rezeption des Paradors um Information zu bitten.
Die Bilder, Grafiken und Texte in dieser Parador- / Ortsbeschreibung stammen von unten genannten Autoren, bei denen wir uns recht herzlich bedanken möchten. |
Bildmaterial:
PARADORES DE TURISMO DE ESPAÑA, S.A.
Videomaterial:
PARADORES DE TURISMO DE ESPAÑA, S.A.
Texte:
Miguel Garcia Sanchez
Zeichnungen:
Fernando Aznar